Let's talk: Darum gibt es die Linguistik-Olympiade
Die erste Linguistik-Olympiade in der Schweiz steht in den Startlöchern. Besonders involviert bei der Organisation ist der Niederländer Michiel de Vaan. Dem Linguistik-Professor liegen zwei Dinge am Herzen: Er will die Sprachwissenschaft populärer machen. Und die Aufgeschlossenheit der Jugendlichen fördern, indem er ihnen den Reichtum von Sprachen näherbringt.
Michiel de Vaan hat die Schweizer Linguistik-Olympiade gegründet.
Teilnehmende des Science Olympiad Day lösen Beispielaufgaben der Linguistik-Olympiade.
Sie wohnen seit 2014 in der Schweiz. Sieben Jahre später haben Sie die Linguistik-Olympiade gegründet. Wo hat alles begonnen?
Da muss ich sogar noch ein paar Jahre weiter zurückgehen. Als ich noch in den Niederlanden lebte, hörte ich zum ersten Mal von der Linguistik-Olympiade. Mein russischer Professor für vergleichende Grammatik, Alexander Lubotsky, hatte selbst an einer Linguistik-Olympiade teilgenommen, allerdings in Russland! 2011 ergriff genau dieser Alexander Lubotsky die Initiative und organisierte den Wettbewerb auch in den Niederlanden. Es nahmen über 150 Jugendliche teil.
2014 nahm meine Frau eine Stelle an der Universität Lausanne an und wir sind in die Schweiz gezogen. Ich hatte damals schon Lust, die Olympiade in der Schweiz aufzubauen. Aber ich hatte schlichtwegs keine Zeit. Mit der Zeit habe ich entdeckt, wie die Wettbewerbe hier organisiert sind: Man muss zuerst einen Verein mit einem Vorstand gründen. In den Niederlanden wurde alles zentral von der Universität Leiden organisiert. Schliesslich wagte ich den Schritt und konnte bald Geld auftreiben und den Verein gründen.
“Viele wissen nicht, was eine Linguistin oder ein Linguist tut. Das wollen wir ändern!”
Let's talk. Die Wissenschafts-Olympiade bringt junge Menschen aus allen Ecken der Schweiz zusammen. Sie spricht also mehr als drei Sprachen. Wie funktioniert das? Ist der Röstigraben ein Mythos oder eine Realität? Und: Wie reden eigentlich die Wissenschaften? Und was sagt unser Körper? In unserer Serie “Let’s talk” lernst du viele Facetten des Themas “Sprache” kennen. Eine tolle Art, die neuste Wissenschafts-Olympiade in der Schweiz zu begrüssen: die Linguistik-Olympiade!
Wieso finden Sie die Linguistik-Olympiade wichtig?
Ich sehe vor allem drei Gründe: Erstens können wir die kulturelle Vielfalt fördern. Es gibt viele Vorurteile darüber, wie Sprachen funktionieren, wie sie sich entwickeln und welchen Wert sie haben. Wir wollen zeigen, dass nicht alle Sprachen auf dieselbe Weise funktionieren.
Zweitens möchten wir die Sprachwissenschaft populärer machen: In der Sekundarstufe haben junge Menschen nicht immer die Möglichkeit, sich mit der Linguistik vertraut zu machen, und viele wissen nicht, was eine Linguistin oder ein Linguist tut. Unsere Olympiade ist daher eine Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler zu informieren und potenzielle Studierende auf ein Studium vorzubereiten.
Drittens möchten wir jungen Menschen vertrauen schenken. Im Kanton Waadt zum Beispiel beträgt der Anteil der Migrationsbevölkerung 28%. Neben den Landessprachen sind auch Serbokroatisch, Albanisch, Portugiesisch, Spanisch, Türkisch, Tamilisch, Arabisch und Niederländisch sehr präsent. Viele Kinder im Kanton haben daher Französisch nicht als Muttersprache und wachsen mit mehreren Sprachen auf. In der Grundschule werden die Schülerinnen und Schüler auf Französisch unterrichtet und lernen schnell Deutsch. Kinder kommen sehr früh mit mehreren Sprachen in Kontakt. Wir wollen ihnen bewusst machen, dass dies ein Reichtum ist, und dass ihre Kenntnisse ihnen helfen können, andere Sprachen leichter zu lernen.
“Junge Menschen kommen sehr früh mit vielen Sprachen in Kontakt. Wir wollen ihnen bewusst machen, dass dies ein Reichtum ist, und dass ihre Kenntnisse ihnen helfen können, andere Sprachen leichter zu lernen.”
Müssen Schülerinnen und Schüler mehrsprachig sein, um teilnehmen zu können?
Nein. Es sind keine Vorkenntnisse über Sprachen oder linguistische Theorien erforderlich. Alles, was die Jugendlichen brauchen, um die Fragen erfolgreich zu beantworten, ist logisches Denken und Kreativität. Denn Logik spielt eine wichtige Rolle in der Linguistik. Die Linguistik wird oft als der mathematischste Zweig der Geisteswissenschaften angesehen. Es handelt sich um einen sehr analytischen Ansatz, der weniger Raum für Interpretationen lässt. Damit bei der Linguistik-Olympiade alle Jugendlichen die gleichen Chancen haben, sind die Antworten bereits in der Fragestellung enthalten - man muss nur genau hinsehen!"
Die Olympiade wird von Freiwilligen organisiert. Wer sind sie?
Während meines letzten Kurses in historischer Linguistik an der Universität Bern konnte ich ein Netzwerk von sechs Studierenden aufbauen. Ich habe auch eine sehr engagierte Studentin an der Universität Lausanne. Heute würde ich mich freuen, wenn ein italienischsprachiger Studierender zu uns käme. Zudem zählen wir auf einen engagierten Vorstand mit Menschen aus allen Regionen der Schweiz.
"Die Sprache ist das Herz unserer Identität. Sie geht uns alle an!”
Nach der ersten Runde werden 100 Jugendliche in vier Gruppen aufgeteilt, die an vier Samstagen trainieren. Wir werden diese Vorbereitungskurse zusammen mit Jessica Brown durchführen, einer Assistenzprofessorin für englische Linguistik an der Universität Lausanne. Sie ist sehr engagiert und hat sogar schon an der Linguistik-Olympiade in England teilgenommen.